USA 2013, Tag 37 – Die Stadt der Engel

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Little Richard

Mittwoch, 24. April:

Was haben wir uns Gedanken gemacht. Die Meinungen zu L.A., die wir unterwegs sammelten, waren einstimmig: “Fahrt bloß nicht nach L.A.“, “der Verkehr ist grauenvoll“, “ihr wollt doch nicht ausgeraubt werden“ etc.

Mal abgesehen davon, dass solche Aussagen prinzipiell auch einen gewissen Ansporn wecken können, gehört Los Angeles bzw. Hollywood zu so einer USA Reise einfach mit dazu.

Wir hatten gestern das Glück, den perfekten RV-Park in Malibu Beach zu finden. Unser WoMo steht also sicher ab vom Schuss, und wir können heute in Ruhe mit dem Bus in die Stadt fahren.

Über Nacht hat sich der Himmel zugezogen, und das Frühstück mit Meerblick fällt etwas diesig aus. Trotzdem eine tolle Aussicht! Interessanterweise sind weit und breit keine Schiffe zu sehen. Vielleicht gibt es hier ja zu viele Klippen?

Das Wetter ist auf jeden Fall ideal, um sich in die Stadt zu bewegen.

Die Welt ist so klein, direkt neben uns parkt eine Familie aus Halle. 3 Monate Elternzeit! Sie waren schon in der Karibik und in Mexiko. Als Abschluss folgen nun die Nationalparks der USA. Schade, dass sie schon weiter gefahren sind. Ein schönes Gespräch mit Leuten aus der Heimat wäre nach so langer Abstinenz doch mal ganz nett.

Richard darf noch eine Runde schlafen. Danach starten wir zur Bushaltestelle. Es nieselt. In dieser Atmosphäre wirken die Wellenkämme urgewaltig. An mehreren Stellen wurden ganze Algenberge an Land gespült. Die Felsen, an denen sich die Wellen brechen, sind nicht zu beneiden.

Wir warten im Nieselregen noch eine viertel Stunde auf den Bus. Der Busfahrer ist sehr freundlich, und erklärt uns gleich alles. Wann, wie, wo wir umsteigen müssen, wieviel es kostet, wie lange die Fahrt dauert etc. Nur mit passendem Geld sind wir schlecht aufgestellt. Wir kratzen gerade noch so 3$ zusammen. Die Fahrt nach Hollywood wird mit insgesamt ca. 2 Stunden angegeben. Wir sind etwas skeptisch, wie bzw. ob Richard sich die zwei Stunden im Bus beschäftigen lässt.
Hinzu kommt, dass er mittlerweile schon wieder mit Mittag dran wäre. Da muss er wohl noch ne Weile aushalten.
Der erste und längste Teil der Strecke verläuft problemlos. Richard findet genug Fahrgäste, mit denen er rumschäkern kann, und so vergeht die Zeit. Im zweiten Bus ist er dann nicht mehr so gut drauf. Der Hunger meldet sich, müde ist er auch und die vielen Leute im Bus wirken wenig entspannt.

Kurz vor unserer Haltestelle haben wir noch eine Begegnung der besonderen Art. Eine junge Frau steigt zu, und setzt sich vor uns. Richard lässt sich in dem vollen Bus nicht mehr beruhigen, und diese Frau wirkt von Richards Schreien sichtlich genervt. Das gipfelt darin, dass sie uns verbal angeht, und uns sinngemäß erzählt das wir zu blöd sind unser Kind ruhigzustellen. Die Gute hat uns damit ordentlich vor den Kopf gestoßen. Nun macht es aber wenig Sinn in einer Sprache, die man nicht fließend beherrscht, zu diskutieren, geschweige denn seine Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Wir mussten sowieso aussteigen, und haben das dann auch in einem mehr oder weniger paralysierten Zustand getan.

Auf dem Hollywood Boulevard waren in Vorbereitung einer Filmpremiere schon Menschen über Menschen. Richard war schlecht gelaunt und hatte Hunger, und mein Schatz war in Gedanken scheinbar noch im Bus bei der Tussie gefangen.
So kam es, das wir auf Madeleines drängen hin ins erstbeste Restaurant eingekehrt sind: Hooters L.A. hat das Rennen gemacht. Heiße Höschen! Bei dieser Fastfoodkette servieren junge Frauen in Shirt und Hot-Pants, die mindestens 3 Nummern zu klein sind das Essen. Im Vergleich zum Playboy fehlen eigentlich nur noch die Häschenohren icon smile USA 2013, Tag 37   Die Stadt der Engel

Richard war total aus dem Häuschen. Total hungrig, und rings um ihn herum potenzielle Milchquellen. Es war wirklich schwer ihn dort zu füttern. Jedes mal, wenn eines der Hooters Girls vorbeigelaufen kam, fiel Richard das Essen aus dem Mund. Und das in so einer schweren Phase des Abstillens. Der Arme.

Frisch gestärkt geht es wieder auf den Hollywood Blvd. Premiere feiert übrigens Iron Man 3! Es ist eine Freude, diesem bunten Treiben zuzugucken. Neben den Fotografen, Fernsehteams und Groupies gibt es noch verschiedene Leute, nennen wir sie mal Kleinunternehmer, die an uns Touristen Geld verdienen wollen. Da hätten wir Straßenmusikanten (Schlagzeugern auf Persiltrommel), Süßigkeitenverkäufer (direkt aus der Schachtel an der Kreuzung ohne Steuern) und vor allem kostümierte Filmfiguren, die sich gegen Geld fotografieren lassen. Der Trommler hatte es echt drauf und auch manche Kostüme sind wirklich gut gelungen, aber die meisten sind echte Abzocker. Ironman im Klebebandanzug, Batman mit eingefallener Styroporbrust, Spiderman mit 2 Nummern zu großen Leggins, oder eine ca. 50 Jahre alte, spindeldürre Marylin M. mit Kippe.

Hier stehen alle unter Strom. Jeder will was darstellen oder was werden, Karriere machen oder so tun als ob. Und man bekommt nichts umsonst. Wir haben Musiker getroffen, die uns einen selbstgebrannten Rohling ihrer Musik für umsonst mitgeben wollten. Aber dann doch nur gegen eine Spende. Selbst das Geldwechseln beim Straßenverkäufer funktioniert nur, wenn man auch was kauft. Eigentlich alles gar nicht so ungewöhnlich, aber diese Gesellschaftsform ist uns in den letzten Wochen wohl etwas fremd geworden.

Ein Stück weiter ist die Premierenabsperrung aufgelöst, und man hat wieder mehr Luft zum Atmen.
Als nächste stürmen wir die nahegelegene Einkaufspassage Hollywood and Highland. Von den oberen Etagen aus kann man das Hollywood Sign, das Wahrzeichen Hollywoods, bewundern. Wir brauchen allerdings etwas länger. Auf dem Boden sind überall Zitate anonymer Prominenter zum Thema “Wie bin ich nach Hollywood gekommen“ in Mosaikstein hinterlassen. Madeleine ist natürlich gewillt, jedes einzelne zu lesen.

Nachdem wir ein paar Fotos gemacht haben geht’s nochmal zu Victorias Secret shoppen. Der Eingangsbereich ist voll mit Slips in grellen Farben, hauptsächlich pink! Meine Augen bluten. Richard muss sich auch kurz die Augen reiben, hat aber gleich wieder ein paar Verkäuferinnen zum intensiven Blickaustausch gefunden. Ich warte lieber draußen.

Jetzt können wir uns doch noch ein Plätzchen an der Brüstung sichern. Die Premiere soll gleich losgehen. Leider zieht es sich, aber wenigstens kann man von hier oben in Ruhe die Kostümheinis ablichten, ohne gleich bezahlen zu müssen. Auch einige Schaulustige geben sich mühe. Ein Mädel steht im Bärchenkostüm an der Brüstung (was hat das mit Ironman uu tun?), ein anderer hat keinen Platz ergattert und hängt eingeklemmt wie Spiderman in einem Fenstersims.

Es wird immer später und Richard ist langsam durch mit demThema. Noch vor den Hauptdarstellern brechen wir die Zelte ab. Ein paar VIPs konnten wir aber doch noch erspähen. Sogar Ben Kingsley und als wir gingen sahen wir auch noch Gwyneth Paltrow. Dieser ganze Rummel, Glamour, Stars und Sternchen hat schon was, aber wir waren auch froh, als wir da wieder raus waren. Nochmal vorbei an der beeindruckenden Fassade von Grauman’s Chinese Theatre und dem enttäuschenden HardRock Cafe.
Zwei Minuten nach dem Trubel ist Richard eingeschlafen, und wir müssen uns beeilen, um den letzten Bus zu kriegen.

Obwohl wir heute keine großen Leistungen vollbracht haben, sind wir auch ordentlich geschlaucht. Der Himmel ist immer noch sehr bewölkt. Falls es morgen wiedererwartend besser wird, bleiben wir noch einen Tag.

Dann hoffen wir mal das Beste!

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4 thoughts on “USA 2013, Tag 37 – Die Stadt der Engel

  1. Was für Erlebnisse, L.A. und Hollywod,Wahnsinn.Man kann nur staunen wie Richard das alles mitmacht,wenn er auch mal ,wie zu sehen ist,in den Seilen hängt.Diese Metropolen gehören einfach dazu wenn man schon mal in Amerika ist.Es machte Spaß, den Bericht zu lesen.

    • Richard hat keine Wahl, er muss ja mit. Aber ich glaube der, Trubel gefällt ihm (und vor allem die kleinen Bestechungen zwischendurch)

  2. Ich dachte ja immer, dass ich einen keuschen Sohn habe und bin ja
    nun erstaunt, wie er das Kind mit solchen Girls verwöhnt.
    Das wird ja, wenn sie in seinem Gedächtnis verankert bleiben einmal ein flotter Feger.
    Horst

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