Donnerstag, 11. April:
Die Nacht war mal wieder kalt. Auch der Fleeceschlafsack hat da nur bedingt weitergeholfen. Aber ich hab ja noch einen Pullover. Erinnert so’n bisschen an die Nächte in der Mohnstraße
Nächster Halt ist das Arizona Welcome Center. Dort gibt es bestimmt wieder frischen Gratiskaffee
Die Rechnung ging leider nicht auf. Es gab nicht nur keinen Kaffee, sondern auch überhaupt kein Welcome Center.
Die Orte sind überschaubar und unser Sprit reicht noch für 50 Meilen. Genau die Reichweite die wir brauchen, um die nächste Stadt zu erreichen. Wilcox bietet uns nicht nur teuren Sprit, sondern auch ein Welcome Center. Wer sagt’s denn!
Leider auch hier keinen Kaffee, aber freundliches Personal und jede Menge Informationen. Einen PC gibt es auch. Ich nutze die Möglichkeit, um meine Speicherkarten auf meine (verbliebene) Festplatte zu spielen und leer zu machen. Allerdings muss ich für jeden Befehl das Personal ums Passwort bemühen, und die Kopieraktionen dauern ohnehin ewig. Ich breche die Aktion irgendwann ab. Dafür hat Madeleine mittlerweile genug Info’s zu Tombstone und weiteren Zielen gesammelt, und Richard konnte durch den Raum krabbeln.
Nächster Halt Tombstone! Die Stadt ist so, wie wir sie uns vorgestellt haben. Alles auf alt gemacht bzw. belassen. Selbst die meisten Touristen sind im Westernstil gekleidet (bis auf ein paar Deutsche im WoMo ). Wir bekommen für 34$ einen Platz auf dem RV-Park direkt in der historischen Altstadt (wenn man das so nennen kann). Alles Wichtige ist direkt um die Ecke und bequem zu Fuß zu erreichen.
Wir kommen genau richtig zum letzten heutigen Gun Fight, und können in einem der Felsenbühne Rathen ähnlichen Theather die Schießerei zwischen den Earp Brüdern und Doc Holliday auf der einen und den McLaury und den Clanton Brüdern auf der anderen Seite beiwohnen. D.h. eigentlich nur der Papa. Richard ist wohl noch nicht im Cowboyalter und lässt in dieser Stadt noch die ein oder andere Träne. Als bei der Vorführung der erste Schuß fällt, ist noch alles ok, aber als die Leute klatschen und die Schauspieler schreien, ists vorbei mit der Gemütlichkeit. Madeleine und Richard gehen raus und schauen sich die Höfe an – auch nicht schlecht. Richard sorgt natürlich dafür, dass das Publikum während der gesamten Vorstellung hört, wieviel Spaß man auch draußen mit Mama haben kann.
Am besten sind aber die Straßenzüge der Altstadt. Die Fassaden sind wie in einem Western, es gibt viele Schauspieler auf den Straßen und auch historische Postkutschen fehlen nicht. Das Beste daran ist, dass wir ausserhalb der Saison reisen und die Anzahl der Touristen wirklich überschaubar bleibt.
Zwischendurch gibt es noch ein Eis. Zwei mal zwei Kugeln für 6$. Wir haben nicht mit solchen Kugeln gerechnet. Eine Kugel hier entspricht etwa 5(!) Kugeln. Meine Waffel ist unter ihrem Gewicht zusammengebrochen. Als ich eine neue Waffel wollte, bekam ich gleich noch ne Portion mit drauf. Ich war nun extrem vorsichtig. Noch eine kaputte Waffel hätte wohl jeglichen Rahmen gesprengt.
Wir kommen auch am Marshall Büro vorbei. Allerdings ist es aktiv, und wir werden gebeten zu gehen. Wahrscheinlich kommen hier jeden Tag Touristen vorbei. Auf der anderen Straßenseite gibt es einen Comicladen. Der entpuppt sich allerdings bei näherer Betrachtung als Waffenladen. Die “Comicposter“ im Schaufenster waren limited Edition Zielscheiben. Motive: Nazis, Nazizombies, Mumien, Osama bin Laden und Terroristen. Wir wagen trotzdem einen Blick. Es gibt neben den üblichen Waffen zur Selbstverteidigung, also Maschinengewehren, auch ganze Munitionskisten und eine Panzerfaust! Die Tauben in dieser Gegend sind größer als ich dachte
Ansonsten kann man hier toll shoppen. Wir versuchen uns zu beherrschen, aber an ein paar Kleinigkeiten kommen wir doch nicht vorbei. Ich hätte auch gerne noch einen richtigen Cowboyhut. Ich mag ja Hüte, und es fällt mir schwer mich zu entscheiden (hätte nie gedacht, dass ich mal auf Hüte stehe). Dafür findet Madeleine einen gruftigen Cowgirlhut. Da das sicher der einzige Cowboyhut sein wird, den sie je anprobiert, überrede ich sie zum Kauf. Verkäuferin ist – wie soll es anders sein – eine Deutsche. Furchtbar
Nachdem die Sonne untergegangen ist, erwacht das alte Tombstone zum Leben. Die Schauspieler füllen die Saloons mit Leben und vor allem Authentizität. Leider ist die Lautstärke und das Getümmel nichts für Richard. Madeleine sagt mir, ich kann ja in Radebeul in den Westernclub eintreten :-/ Das ist ja wohl nicht dasselbe! Wir müssen hier nochmal her, wenn wir älter sind!
Apropos Radebeul: Hier gibt es auch ein Karl May Museum. War bestimmt die Idee von einem Deutschen
Leider ist es schon geschlossen. Vielleicht schauen wir morgen nochmal vorbei.
Wir beschließen den Abend im familienkompatiblen Longhorn Saloon mit Burger und Enchiladas. Im Nebenraum feiern ca. 50 Biker Geburtstag. Aber Richard ist lauter
Tombstone fetzt!